Spätestens mit der hervorragenden Doku-Serie „Chef’s Table“ auf Netflix sind Küchenchefs und Patissiers zu einer spannenden Mischung aus Künstlern, Unternehmern und Rockstars avanciert. Jede(r) auf ihre/seine ganz eigene Art, was ihr Wirken umso faszinierender macht. Und da wir mindestens ebenso gern essen wie mit Menschen ins Gespräch kommen, erfüllt jedes Interview der Reihe „Am Herd mit …“ eine doppelte Funktion: den Blick über die Schulter der kreativsten Menü-Magier und in ihre kulinarische Vita. Bon appétit!
Dieses Mal lässt uns Tina Marcelli in die Kochtöpfe schauen. Sie ist Chefköchin im Südtiroler Hotel Feuerstein Nature Family Resort. Lediglich vier exklusive Tische beherbergt das Gourmetrestaurant Artifex (Latein für „wer etwas fachgemäß versteht“), in dem Marcelli vier Tage pro Woche filigrane Kunstwerke auf die Teller der Hotelgäste zaubert. Ihre Küche ist geprägt von traditionellem Handwerk, regionalen Produkten und einem hohen Maß an Kreativität, ganz nach dem Motto „in der Welt zuhause – in Südtirol verwurzelt“.
Was war Ihr Leibgericht als Kind?
Mein absolutes Leibgericht als Kind waren die Knödel meiner Oma.
Wann haben Sie erstmals zum Kochlöffel gegriffen?
Ich habe immer schon gerne mit meiner Oma und meinem Vater gekocht, bereits als Kleinkind war mein Lieblingsplatz in der Küche. Mit 13 Jahren habe ich dann begonnen, im elterlichen Betrieb in der Küche mitzuarbeiten. Meine Eltern hatten damals ein Restaurant.
Ihr signature dish – im Restaurant und Zuhause?
Im Restaurant eindeutig die „Ente no Waste“. Mir ist es wichtig, dass man nicht nur einzelne Teile eines Tieres verwendet, sondern das ganze Tier. Es soll nicht umsonst gestorben sein, das liegt mir sehr am Herzen. Ein guter Koch sollte immer in der Lage sein, das ganze Tier so zu verwerten. Zuhause eindeutig Spaghetti Carbonara. Meine ganze Familie freut sich darauf, wenn es bei mir diesen italienischen Klassiker gibt. Da kommen wir dann alle zusammen und essen Spaghetti.
Welches Küchenutensil ist völlig überbewertet?
Der Thermomix
Wofür lohnt es sich, in der Küche viel Geld auszugeben?
Von Prassen halte ich nicht viel. Ein hochwertiges Produkt hat seinen Preis, dieser ist zumeist auch gerechtfertigt und wenn man will, dass etwas Gutes herauskommt, muss man auch etwas Gutes hineingeben.
Wen würden Sie gern einmal bekochen?
Hmm… schwierige Frage, da ich so viele tolle Köche gerne bekochen würde. Auf alle Fälle zählt Tim Raue und Jan Hartwig dazu.
Wer ist Ihr kulinarisches Idol?
Auch da habe ich mehrere: Norbert Niederkofler, Tim Raue, Jan Hartwig und Herbert Hintner und eigentlich alle die sich für den Kochberuf täglich aufopfern und alles geben.
Sie dürfen drei Zutaten wählen: je eine für Stadt, Land und Küste. Wozu greifen Sie? Und: Was kochen Sie dann daraus?
Zander, Spargel und Senf. Damit mache ich Zander auf der Haut gebraten mit gegrilltem Spargel und in Butter geschwenkten Morcheln, dazu eine leichte Senf beurre blanc.
Welches Gericht verdient ein Revival?
Das Südtiroler Bauern-Geröstel.
Welcher kulinarische Hype gehört beerdigt?
Meiner Meinung die 20 Elemente auf einem Teller, die dann zum Schluss eh kalt sind, wenn sie serviert werden.
An welches Rezept wollen Sie sich unbedingt noch wagen?
Im Moment arbeite ich an einer Tarte Tatin.
Vor welchem Gericht haben Sie (noch) zu viel Respekt?
Respekt habe ich vor jedem Gericht, aber man muss probieren und mutig sein. Es dauert seine Zeit, bis man ein Gericht für sich selbst perfektioniert hat, das braucht Geduld.
Von wem lassen Sie sich am liebsten bekochen?
Heute noch von meiner 94-jährigen Oma.
Ihr liebstes Restaurant?
In Südtirol gibt es sehr viele hervorragende Restaurants. Zu meinen liebsten zählen das St. Hubertus in St. Kassian, Zur Rose in Eppan, Schöneck in Pfalzen und noch einige mehr.
Ihr liebster Platz für ein Picknick?
Am Pragser Wildsee
Ihr liebster Song zum Aperitif?
Never mind von Dennis LIoyd
Ihr ewiger Kochbuch-Schatz oder aktueller Tipp?
„Tanjas Kochbuch“ von Tanja Grandits
Barocke Deko oder eher spartanisch?
Ich bin für spartanisch mit drei bis vier Komponenten. Die müssen einfach stimmen und unvergesslich für den Gast sein.
Sekt oder Selters?
Viele werden mich jetzt ausbuhen aber ich trinke lieber Selters.
Burger oder Auster?
Burger 🙂
Ihr Anti-Stress-Rezept?
Ich ziehe mich mindestens einmal am Tag für 30 Minuten zurück. Diese Auszeit gehört nur mir…
Wie sind Sie als Küchenchef?
Streng, ordentlich aber auch fair. Jedes Teammitglied ist mir wichtig Ich stehe voll und ganz hinter meinen Leuten und das wissen sie auch. Man könnte auch sagen, hart aber herzlich.
Weitere Informationen zum Hotel und Restaurant:
Feuerstein Nature Family Resort
Pflersch 185
39041 Brenner/Südtirol, Italien
feuerstein.info
Bild: Kottersteger