Im Wein liegt nicht nur die sprichwörtliche Wahrheit, jede Flasche weiß auch ihre ganz eigene Geschichte zu erzählen. Mehr noch, gute Tropfen bereichern unsere eigene Anekdotensammlung, als vollmundige Begleiter besonderer Lebensmomente. Deshalb bitten wir in dieser Serie die besten Sommeliers, Barchefs und Kellermeister um ihre ganz persönliche Empfehlung, samt Verkostungsnotizen und vielen Tipps zum Kauf und Genuss feinster Weine und Spirituosen. Eine Flaschenpost mit hohem Überraschungs- und Nutzwert. Cheers und a votre santé.
Diese Flaschenpost erreichte uns von Patrick Kebekus, Gastgeber des Hotels Zur alten Post in Büsum. Gegenüber einer romantischen Fischerkirche liegt das 1889 eröffnete Haus. Es gehört zu den ältesten Gasthäusern der deutschen Nordseeküste. Kebekus ist pausenlos auf der Suche nach den besten Weinen Europas. Nachwuchswinzer und Weine aus biologisch-organischen und biodynamischen Anbau haben es ihm besonders angetan.
Welches ist aktuell der beste bzw. kostspieligste Tropfen in Ihrem Keller / an Ihrer Bar?
Die Frage, ob der teuerste Wein auch immer der Beste ist, liefert in der Weinszene endlos Gesprächsstoff. Was einen hohen Preis hat, muss sicherlich ebensolchen Erwartungen genügen und sollte daher besser Weltklasse sein. Spannender finde ich es, einen vergleichsweise günstigen Wein in Top-Qualität zu entdecken. Das trifft für mich auf den 2017 „Salamander“ von Andreas und Elisabeth Tscheppe aus der Südsteiermark in Österreich zu.
Was zeichnet diese Flasche/diesen Jahrgang/dieses Destillat besonders aus?
Der Salamander ist zu 100 Prozent aus Chardonnay-Trauben vinifiziert und besticht durch seine Intensität, der Kargheit des Kalksteinterroirs und einen gewissen Hauch von Ungezähmtheit, die alle Weine der biodynamisch arbeitenden Winzer ausmachen.
Zu welchem Anlass und zu welchem Gericht passt er hervorragend?
Zu kräftigem Fisch wie Steinbutt, wozu ich ganz klassisch Kartoffeln mit Senfsauce reichen würde. Aber auch einer salzigen Suppe wie unsere Nordsee-Ramen mit Krustentiereinlage, begegnet der Salamander auf Augenhöhe.
Ihre ganz persönliche Verkostungsnotiz dazu lautet:
Zitrusfrüchte, Rauch, Salz, Nüsse, etwas Butter, Kräuter und eine gesunde Portion Mineralien. Auf der Zunge rassig mit vibrierender Säure. Großartiger, langanhaltender Abgang.
Haben Sie weitere Assoziationen zu dieser Flasche und Ihrem Inhalt?
Andreas Tscheppe ehrt mit den Namen seiner Weine verschiedenste Nützlinge – darunter Weinbergschnecke, Hirschkäfer oder Schwalbenschwanz – die Dank seines Verzichts auf Herbizide und Pestizide im Weinberg leben und ihre wichtige Arbeit verrichten können. Jede Flasche ist zugleich ein Appell für ein friedliches Zusammenleben mit unserer Umwelt, besonders in Zeiten des Klimawandels. Übrigens hatten die Tscheppes diese charmante Idee schon vor über zehn Jahren, also lange vor Fridays for Future.
Was sollten unsere Leser über die Marke/den Winzer/die Brennerei – kurz: die Herkunft – wissen?
Die Südsteiermark ist generell ein echter Hotspot voller genialer Winzer. Auch der Bruder von Andreas, Ewald Tscheppe, macht beim Weingut Werlitsch wegweisende Naturweine. In seinem Fall sind es Sauvignon Blancs. Es lohnt auch ein Blick auf die slowenische Seite der Steiermark, wo man ebenfalls großartige Weine zu vergleichsweise kleines Geld finden kann.
Ihre generellen Vorlieben bei Wein, Champagner, Spirits?
Was ich generell sehr schätze, das sind „Cool Climate“-Weine, also solche, die aus kühleren und/oder höheren Gebieten stammen. Die werden einfach niemals breit oder plump im Geschmack, sondern bewahren sich ihre lebendige Säure, die für mich das Rückgrat eines guten Tropfens ist. Wenn ich spezifischer antworten sollte, dann ist es bei Wein ganz klar der Weißwein: vor allem Chardonnays aus dem Jura, dem Burgund und der der Champagne – still wie auch perlend – sowie deutscher Riesling. Und Letzterer darf gern vom Weingut Peter Jakob Kühn oder vom Weingut Odinstal sein.
Welchen Tasting-Tipp wollen Sie unseren Lesern geben?
Wein muss man zelebrieren, sich auf dieses besondere Produkt richtig einlassen. Deshalb also unbedingt einen adäquaten Rahmen schaffen: gute Gläser kaufen, sich über die richtige Trinktemperatur und Trinkfenster (Trinkreife) informieren, bewusst riechen und schmecken – und vielleicht nicht gerade die Discounter-Lyoner aus der Plastikverpackung verputzen, sondern etwas Anständiges.
Welchen guten Rat sollte jeder beim Weinkauf beherzigen?
Gerade im Basissegment gilt: Bitte nicht zu wenig Geld ausgeben. Weine bis fünf Euro können sich kaum voneinander abheben, daher gern in Richtung der zehn Euro schielen. Erstens schätzt man das Produkt ab einem gewissen Preis mehr, und zweitens gibt es in diesem Bereich schon sehr seriöse Weine, die eigenständige, geschmacklich komplexe Gesamtbilder ergeben. Und wer dann einmal Blut geleckt hat, oder besser: Rebensaft, dem sind nach oben keine Grenzen gesetzt.
Ihr liebster Trinkspruch lautet:
Cheers to life!
Weitere Infos zum besprochenen Wein gibt es u.a. hier:
2017 Salamander Chardonnay von Andreas und Elisabeth Tscheppe aus der Südsteiermark
Das Hotel Zur alten Post liegt hier:
Hafenstraße 2
25761 Büsum
zur-alten-post-buesum.de
Foto: Jonathan Cooper